Hier kommt er nun, mein Gegenrant zu Suchslands interessanter, negativer Kritik zu Peter Jacksons „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“…
(Stellt euch bitte vor, wie ich mit leuchtenden Augen davor hocke und jedes bisschen Gift und Galle, die dieser Artikel in rauen Mengen spuckt, wie Balsam für meine Seele wirkt… es ist zu köstlich…xDDD)
Da ich die eine Hälfte des Internets nun wieder aufstöhnen höre, dass es doch völlig sinnlos ist, sich auf langwierige Diskussionen mit Trollen einzulassen, vor allem solchen, die absichtlich mit Nazipolemik und Tatsachenverfälschung um sich werfen – ihr habt natürlich völlig Recht.
Aber ich schimpfe nun mal so überaus gern, cholerische Anfälle als Hobby werden meiner Meinung nach immer noch völlig unterschätzt und überhaupt gehört Suchsland der Kopf gewaschen.
Und wie sagte schon John Barrowman: „If we cannot achieve equality in an Internet poll about fictional characters, the real world is pretty much screwed.” ; )
Mittelerde in den Grenzen von 1937
Rüdiger Suchsland 11.12.2012
Antimodernismus mit zwergischem Antlitz: Peter Jacksons "Der Hobbit" zeigt Heimatvertriebene auf patriotischer Mission im Osten
Da hat man noch nicht mal die Überschrift und den Untertitel geschafft und schon muss man sich kurz die Augen reiben: aber nein, sie steht wirklich da, die verkorkste Anspielung auf die Nazizeit, die– das muss man Suchsland lassen – auf teuflisch geschickte Art und Weise verwoben ist, mit dem Erscheinungsjahr des „Hobbits“ in England. Suchsland tut uns einen Gefallen, und macht gleich in der allerersten Zeile klar, aus welcher Richtung seine Kritik auf Tolkiens Werk hageln wird: aus der schummrig braunen Naziecke, in die sich noch nie ein anderer Tolkienkritiker gewagt hat, wie Ihnen, Herrn Suchsland bei Ihren umfangreichen Recherchen mit Sicherheit aufgefallen sein dürfte… nicht? Na, stimmt schon, googlen ist hart.
Wir haben es schon immer geahnt: Peter Jackson ist selbst ein Hobbit. Wenn er in Neuseeland dreht, bewegt er sich nämlich ausschließlich barfuß, so heißt es jedenfalls. Aber vielleicht muss man solche Aussagen und überhaupt das alles nicht so ernst nehmen. Nur ist es halt eben so, dass Jackson selbst sich und den Tolkien-Kosmos ungemein ernst nimmt, dass er nun in "Der Hobbit" an alles herangeht wie ein sehr eigenwilliger Philologe. Wie kann man so einen Unsinn so ernst nehmen? Wie kann man Fantasy zum Mittelpunkt des Lebens werden lassen?
Falls ihr euch wundert, nein, wir sind immer noch nicht am Anfang des Artikels angelangt, denn der Einleitungsabsatz hält einiges an wahren Augenöffnern bereit – meistens dahingehend, dass Herr Suchsland sich gern selbst in Knie schießt: „Wie kann man so einen Unsinn ernst nehmen?“, fragt er allen Ernstes und macht damit schon klar, dass er überhaupt keine Lust hat auf eine differenzierte, kritische Auslegung zum Oeuvre Tolkiens (wobei das durchaus nützlich und interessant sein kann: bitte bis #1 runterscrollen) sondern schlichtweg kundtun möchte, dass er keinerlei Verständnis für Menschen hat, die gern Geschichten über Zwergen und Drachen und Elben lesen.
Da muss man ihn aber auch einfach mal tröstend in den Arm nehmen, den Herrn Suchsland. Da bilden es sich doch tatsächlich ein paar dahergelaufene Dummköpfe ein, sie könnten etwas genießen und sich an etwas erfreuen, dass ihm, dem Herrn Suchsland, nicht in den Kram passt. Also wirklich! Nehmt doch mal ein wenig Rücksicht!
Wie kommt, um mal Tobias Rüthers großartigen FAS-Text zu zitieren, eine Gesellschaft, in der "es Politikern offenbar nicht gestattet ist, mit Sandalen in Talkshows zu sitzen (wie Johannes Ponader von der Piraten-Partei es bei Jauch tat)", dazu, "fasziniert auf die behaarten nackten Füße von Bilbo Beutlin" zu starren?
Ich weiß nicht, inwieweit Sie, Herr Suchsland, sich mit der Völkerkunde Mittelerdes auseinandergesetzt haben – ich nehme an, gar nicht – aber Hobbits tragen keine Schuhe. Es gibt keine Schuhmacher im Auenland. Es bleibt einem also nicht viel anderes übrig, als einen Blick auf Bilbos Füße zu werfen, wenn man ihn in einer Ganzkörperaufnahme sieht (von starren kann da übrigens auch keine Rede sein, Herr Suchsland, so lange hält die Kamera nicht auf die Gummiüberschuhe) – und seltsamerweise verliert kein einziger der Zwerge oder Zauberer oder Elben ein Wort über Bilbos Blöße. Könnte einem zu denken geben, nicht wahr? Aber nein, Sie stellen natürlich lieber die Frage nach Herr Ponanders zweifelhafter Schuhwahl.
Was ist mit einer Kultur und ihrer Gesellschaft los, in der Menschen sich als Hobbits verkleiden, als Elben, als Zauberer und als Zwerge? Nein, "Der Hobbit" gibt darauf natürlich keine Antwort. Aber die Frage ist trotzdem berechtigt.
Ich dachte eigentlich, dass spätestens seit 2011, als RTL mit seinem Gamescom-Bericht einen denkwürdigen Bock geschossen hat, die Nerd- und damit auch die Cosplay-Kultur, innerhalb derer sich Menschen gern als Hobbits und Orks und Elben verkleiden, salonfähig geworden sei? Aber anscheinend ist das bis zu Ihrem hohen Ross noch nicht durchgedrungen, Herr Suchsland? Solch eine Arroganz wäre Sauron selbst sehr gut zu Gesicht gestanden, aber das nur am Rande.
Im Übrigen, Herr Suchsland, wenn Sie schon Artikel von anderen zitieren: machen Sie sich doch einfach mal die Mühe, wenigstens den Titel desselbigen irgendwo zu erwähnen – Herr Rüthers geistiger Erguss ist kaum zu finden, mit diesen mickrigen Zitaten, und ob Sie es glauben oder nicht, das hat andere schon den Job gekostet! Aber Sie sind natürlich sicher, Herr Suchsland, als über jegliche Manieren erhabener Online-Redakteur.
Ein zauberhaftes Tolkienzitat, welches leider ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen scheint, denn dann ist ja sowieso alles „Unsinn“, wie wir bereits erfahren durften. Aber das macht nichts, immerhin sind Tolkiens Worte ein kleiner Lichtblick in diesem Artikel – wie alles, was nicht von Suchsland selbst stammt.
Mit Rückblicken und krassen Schlachten geht es los: Ein Zwergenkönig rafft Gold und wird verrückt, als einer seiner Schergen das "Heart of the Mountain" aus dem Berg meißelt, "The King's jewel", einer von mehreren McGuffins des Films.
Das Ding heißt Arkenstein oder Arkenstone. Das Wort wird sogar eingeblendet im Film. Viel einfacher kann die Recherche eigentlich nicht sein. Es gibt allerdings Pluspunkte für die Erwähnung des McGuffins – tvtropes.com kann gar nicht genug traffic bekommen. Minuspunkte gibt es allerdings dafür, dass Sie Ihre Behauptung, dass es sich beim Arkenstein um einen McGuffin handelt leider nicht belegen – wie auch, der zweite Film ist ja auch noch nicht draußen und man kann von Ihnen kaum erwarten, dass Sie einmal die Onlinesuchmaschine bemühen oder – Gott bewahre! – dieses „unsinnige“ Kinderbuch aufschlagen und nachlesen, was es damit auf sich hat.
"When the mind is sick, dark things will follow", hören wir und dann ereignet er sich schon, der 11. September des Zwergenreichs.
Papierdrachen werden zu Feuerbällen, die Elben stöhnen "Non" zur Frage "mourier pour Danzig" und ein bleicher Ork köpft den Zwergenkönig, bevor er selbst verstümmelt wird. Barocke Schlachtengemälde ballen sich zu apokalyptischen Bildern, in denen Köpfe rollen und Glieder abgehackt werden. "Elbar was lost."
Meinen Sie vielleicht den Erebor, Herr Suchsland? Elbar gibt es im Tolkien’schen Kanon nämlich nicht. Selbstverständlich kann auch einem Journalisten mal ein Fehler unterlaufen und die Recherche nicht ganz so sauber ausgeführt sein, wie man es sich selbst und Karla Kolumna damals geschworen hat – doch da das leider nicht mehr unter Schusselfehler fällt, gibt’s schon wieder Minuspunkte. Reiß dich mal zusammen, Herr Suchsland, um wenigstens das Klassenziel zu erreichen!
Dann sind wir wieder im Bionadeparadies des grünen Auenlands, trennen Müll und putzen die Küche. Amerikanischer Middlewest, John Boy Walton tollt im Garten, ach nein, das ist ja Frodo, der Held aus "Herr der Ringe" und ein 30-sekündiger Cameoauftritt, damit Warner Bros. Eliah Wood dick aufs Plakat schreiben kann. Er ist nämlich nicht der Held dieses neuen Tolkien-Dreiteilers.
Amerikanischer Middlewest, ja. Nur schade, dass die Vorlage aus dem England der 30er Jahre und die Kulisse und der Regisseur aus Neuseeland stammen. Knapp daneben ist leider auch vorbei! Aber da immerhin Elijah Wood aus dem amerikanischen Westen stammt, gibt es einen Trostpreis: Suche Elijah Wood – das große Wimmelbild zum Hobbit
Der Hobbit und die 13 Zwerge
"In a hole in the ground, there lives a Hobbit." Jetzt sind wir auf der ersten und längsten Lachinsel (so der Dramaturgen-Fachausdruck) in diesem mythologemen Drama. Nun singen sie, die Zwerge... Ein kleingewachsener Männerbund, bestehend aus den 13 letzten Vertretern seines Volkes, beschwört eine goldene Vergangenheit, als sie noch herrschten hinter den sieben Bergen, Gold schürften und ihre Welt regierten.
Das war bis zu dem Tag, an dem der böse große Drache kam und ihr Reich zerstörte. Seitdem sind sie Heimatvertriebene, die auf Rache sinnen am Drachen und seinen Helfern, den bösen Orks, und deshalb gen Osten ziehen, um die alte Heimat zurückzuerobern: "Zwergien bleibt unser."
Ist „kleingewachsen“ und „Zwerg“ nicht ein wenig redundant? …Okay, ja, ich werde zum Erbsenzähler. Es heißt im Übrigen immer noch Erebor.
[…] Ich erspare euch den Rest seines Palavers, das hauptsächlich aus einer Zusammenfassung des Inhalts sowie ein paar Hinweisen darauf, dass der Hobbit in 3D und drei Teilen erscheinen wird, besteht.[…]
Wie kann man allen Ernstes einen Dialektcoach für Altenglisch und Altgermanisch am Set beschäftigten und einen weiteren für die Muttersprache der Elben? Das sind so einige der weiterhin ungeklärten Fragen.
Wieso kann man sich voller Hingabe zum Detail einem Projekt widmen, um Fans und solchen, die es werden wollen, die größtmögliche Freude zu bereiten? Welch ein Frevel, dass sich Peter Jackson, der mit seinen Filmen und dem angeschlossenen Merchandise Millionen verdient, dem Kinogänger nicht nur den letzten hingerotzten Scheiß vor die Nase knallt, wie sich das für diese ganzen kapitalistischen Schweine gehört! (The Dark Knight Rises, anyone? Miserables Drehbuch und trotzdem bewirft man Nolan noch nicht öffentlich mit Bananen…) Ja, Herr Suchsland, Sie haben völlig Recht, solch ein Unfug, den Sie da reden…
Ach, und wo wir gerade bei ungeklärten Fragen sind, da hätte ich auch noch ein paar für Sie:
Wie kann man 1,7 Milliarden Euro Umsatz mit Tickets in der Ersten Bundesliga machen? Wieso kann man Til Schweiger immer noch nicht das Filmemachen verbieten? Weshalb dürfen Salafisten und Pro-NRWler auf Polizisten einstechen, unterm Deckmantel der Meinungsfreiheit?
Was sagen Sie, Herr Suchsland? Die seien ja viel zu weit hergeholt, diese Vergleiche? Ja, da haben Sie Recht. Fast so, als würde man das Kinderbuch „Der Hobbit“ mit Nazideutschland in Verbindung bringen….
Jackson hat das Buch auch verändert. Er lässt Figuren aus "Herr der Ringe" auftreten, die im "Hobbit" nichts zu suchen haben: den bösen Zauberer Saruman (Christopher Lee) und die Elbenfürstin Galadriel (Cate Blanchett); er nimmt auch den bleichen Ork Azog, der bei Tolkien zum Zeitpunkt der Hobbit-Handlung bereits tot ist und macht ihn zum Zwergenvernichter.
Jetzt mal ehrlich, Herr Suchsland: nach solche Details, wie dem Todesjahr Azogs können Sie googlen, aber um herauszufinden, wie der Arkenstein heißt, reicht dann wieder das Budget nicht? Oder ist das etwa ein geschickter, polemischer Schachzug, namentlich der der einseitigen Faktenauswahl, den Sie da anwenden, um sich den Anschein zu geben, als seien Sie bewandert in Mittelerd’scher Geschichte und Ihr Wort müsse demnach etwas gelten? Hut ab, das war kaum offensichtlicher als das finstere Lachen von Gargamel in der Mitte jeder Folge der Schlümpfe.
Das bisher beliebteste Argument des bibeltreuen Teils unter den Tolkien-Fans zur Verteidigung von Messias Jackson - "so steht es im Buch geschrieben" - zählt nun in diesem Film also nicht mehr. So steht es nämlich auf keinen Fall geschrieben.
Ach kommen Sie schon, Herr Suchsland, Sie geben sich ja nicht mal mehr Mühe…
Mittlerer Abschnitt, zur Timeline von Bilbo
Zeitangaben zur Zusammenkunft des Weißen Rats
So steht es also schon geschrieben. Vielleicht nicht unbedingt im Hobbit, aber auch beim Film „Die zehn Gebote“ hat sich DeMille einige Freiheiten genommen, und der beruhte ja nun wirklich auf der Bibel.
Davon einmal abgesehen scheinen Sie sich nicht so ganz darüber klar zu sein, was Sie nun eigentlich kritisieren wollen? Das sklavische ans-Buch-halten, dessen Sie Jackson bezichtigen? Oder dass er das gerade nicht gemacht hat, weil er eben Sachen dazu erfunden hat? JA, WAS DENN NUN?
Wetten, dass der Tolkien-Fundamentalismus jetzt argumentativ schnell auf die Ebene zweiter Ordnung zurückgreifen wird, um seinem Meister ja kein Haar krümmen zu lassen: So steht es zwar nicht geschrieben, aber Jackson hat den Geist der Vorlage verstanden. Er hat Tolkien vervollkommnet, ja verbessert. Sekten funktionieren so. Und der Tolkinismus ist eine Sekte; Tolkien ist ihr Gott und Peter Jackson ist sein Prophet.
Die Idee mit dem Tolkinismus ist gar keine sonderlich schlechte – nur über die Verbesserungen, die Jackson am Herrn der Ringe oder sonstwo vorgenommen hat, sollten wir noch einmal intensiver diskutieren, denn nicht alles, was Gold ist glänzt, und nicht überall sind die Leute solch glühende Anhänger der Filmadaptionen, wie es anscheinend in Ihrem Umfeld der Fall ist, Herr Suchsland. Denn gerade den Fundamentalisten wird zum Beispiel die Erwähnung Azogs sauer aufstoßen, meinen Sie nicht?
Er droht damit endgültig in die Fußstapfen anderer größenwahnsinniger Unsympathen zu treten: George Lucas, Steve Jobs und James Cameron. Wetten, dass Jackson irgendwann, wenn auch die letzte Nachlasszeile von J.R.R. Tolkien in einen Dreiteiler verwandelt wurde, selbst Hand anlegen und den Mittelerde-Kosmos mit seiner inneren Matrix auf der Zeitleiste nach vorn und hinten fortschreiben wird? Das er uns eines Tages mit "Gollum - A Trilogy" beglücken wird?
Mal davon abgesehen, dass sich diese Aufzählung wie etwas anhört, was in die Kategorie „Eins dieser Dinge ist nicht wie die anderen“ passen würde – Ihre Schwarzmalerei würde den Superpessimisten Humri Schiggsal beeindrucken! (aus Walter Moers‘ „Esel und Krete“: „An der Universität von Gralsund wurde noch vor einigen Jahren der sog. Hoffnungsfreie Superpessimismus gelehrt, den der von den nördlichen Nattifftoffen stammende Meisterpessimist Humri Schiggsall entwickelt hatte. Schiggsall hatte die Aussichtslosigkeit des Daseins gern anhand eines bis zum Rand gefüllten Wasserglases demonstriert: „Obwohl das Glas nun voll ist, wird es leer sein, wenn ich es ausgetrunken habe. Das bestürzt mich. Wenn ich es nicht austrinke, wird die Flüssigkeit verdunsten. Das bestürzt mich noch mehr.“ Eines Tages hatte einer seiner Schüler eingeworfen:“ Aber jetzt ist das Glas voll. Warum geniesen wir nicht einfach den Augenblick?“ „Weil ich Durst habe!“ hatte Schiggsall gerufen, das Glas ausgetrunken und seinem Schüler an den Kopf geworfen, der danach mit sieben Stichen genäht werden musste. Denken sie mal drüber nach!“) Wie wäre es, wenn wir uns alle wieder eine Runde beruhigen und uns an die Fakten halten? Nämlich, dass Peter Jackson bisher vier sehr erfolgreiche Filme im Tolkienuniversum gemacht hat – und in keinem davon Jar Jar Binks auftauchte oder ein Iphone oder Leonardo DiCaprio.
[…] Auch hier mache ich wieder einen Cut, denn Herr Suchsland gibt nur das wieder, was alle schon gesagt haben: 3D ist schlierig bei schnelleren Bildern, auch wenn 48fps einiges wett macht. Was soll man dazu sagen? Wem’s gefällt, der schaut es sich in der Version an, alle anderen dackeln in die 2D-Version und alle sind zufrieden. Wenn er jetzt natürlich die völlig überzogene Werbeaktion, die hinter der ganzen 48fps-Technik stand, kritisiert hätte, dann hätte er sogar Pluspunkte sammeln können. Doch leider wird der einzige rechtmäßige Kritikpunkt interessanterweise völlig außer Acht gelassen. Alle Achtung! Soviel Inkonsequenz verdient Respekt!
Abgesehen von der Technik wirkt vieles wie klassisches Hollywood-Studiokino: Ein Mix aus Unterhaltung und Spannung, aus Witz und Ernst, handwerklich perfekt gemachtes Rezept-Kino aus der Retorte der Besten ihres jeweiligen Fachs. Erzählt wird aus dem Rückblick des alten Bilbo, deswegen wissen wir Zuschauer auch schon, dass es für ihn gut ausgehen wird.
Auch sonst ist nichts wirklich überraschend oder unvorhersehbar. Am Ende vieler Abenteuer steht eine Art zwischenzeitliches Happy-End und ein Cliffhanger: Das Böse in Form des Drachen schlägt die Augen auf, und wir ahnen: Im zweiten Teil werden die Gefahren gefährlicher, die Spannung spannender und die Helden heldenhafter sein.
Einmal mehr hat Peter Jackson also einen Film gemacht, der sich zu Tolkien verhält wie der Schüler zum Meister: Achtsam, ehrend, unkritisch. Jackson macht aus "Der Hobbit" jetzt den vierten bis sechsten Teil von "Herr der Ringe", er macht aus sich selbst George Lucas, wird Gefangener seines Stoffes. Nur er kann Tolkien verfilmen, wie gesagt, er ist Tolkiens Prophet, deshalb musste er Guillermo del Toro wieder rausschmeißen, denn dieser viel bessere Regisseur hätte ihm womöglich die Deutungshoheit über den Hobbitismus streitig gemacht oder gar, aus selber Sicht jedenfalls, Tolkien einfach versaut.
Hobbitismus, Tolkinismus, Faschingnismus… entscheiden Sie sich doch langsam mal, Herr Suchsland, Sie treiben es ja immer doller hier mit Ihren Neologismen.
Und zu del Toro… lassen Sie es mich so ausdrücken http://www.youtube.com/watch?v=WrjwaqZfjIY
Und es wäre solch ein Leichtes gewesen, die ordentliche Erklärung zu googlen. Wirklich, Herr Suchsland. Wenn der Spiegel besser recherchiert als Sie, dann sollten Sie sich was schämen!
Händler und Helden: Zur Klassenlage in Mittelerde
Man kann natürlich, wie es bereits geschehen ist, dieser Geschichte und damit Tolkien wie Jackson vorwerfen, dass sie den Konflikt von Gut und Böse als Differenz äußerer Schönheit und Hässlichkeit erzählt und damit implizit rassistisch ist. Man kann feststellen, dass Bücher wie Filme geistesaristokratische Werte predigen, von Führertum und Ehre geschwafelt wird, dass sie reaktionäre Wunschmaschinen sind, die auf die niedrigen Instinkte ihres Publikums setzen, es manipulieren und ruhig stellen, es der Realität ihres Daseins entführen.
Aha, jetzt kommen wir der Sache doch schon ein wenig näher. Sie bringen da ein paar sehr interessante Kritikpunkte an, etwa den impliziten Rassismus des Herrn der Ringe (eben weil hässlich gegen schön steht) – werden Sie das ausführen? Werden Sie darauf eingehen, dass man Tolkien daraus keinen Strick drehen kann, weil sein Werk in den 1930ern bis 1950ern entstand, wo der Kampf gegen Rassismus und für die Menschenrechte der schwarzen Bevölkerung noch in den Kinderschuhen steckte (um ein recht plakatives Beispiel für mehr Diversität unter den Protagonisten zu bringen).
Werden Sie also zu der Erkenntnis gelangen, dass man höchstens Jacksons Adaption einen gewissen Rassismus vorwerfen kann?
Man muss wohl auch in dieser Ansammlung von Stämmen und Völkern als Metapher auf eine Klassengesellschaft lesen:
Anscheinend nicht. Sie machen daraus lieber eine völlig krude und nicht nachvollziehbare Allegorie auf modernes Klassendenken, welches sich Tolkien selbst im Vorwort zum „Herrn der Ringe“ verbeten hat. Großartige Leistung.
In dieser sind die Zwerge sehr eindeutig das Proletariat: ungewaschen, schlicht, mit dicken Fingern, und primitiven, aber ehrlichen Manieren, dabei voller Stolz auf ihr Handwerk, ihre Kriegerfähigkeiten, mit eigenen, eher altmodischen Ehrbegriffen, voller Misstrauen gegen jede Oberklasse. Die Elben sind ihr Gegensatz: eine dekadente, blasse Oberrklasse, ein Adel aus verschlafenen, müden Blondinen, feingeistige Glam-Rock-Ritter, die vegetarisch speisen, sich die Zeit durch Flötenspiel vertreiben und Schwarz-Grün wählen
Auch wenn mich die Vorstellung von Glam-Rock-Elben reizt: woraus genau schließen Sie, Herr Suchsland, dass die Zwerge primitiv sind? Aus ihrer langen Tradition an Königshäusern und prächtigen Reichen (Moria, Erebor, die Eisenberge)? Aus ihrem Kunsthandwerk, welches teilweise mehr wert ist, als „das ganze Auenland“, wie Gandalf so treffend über Bilbos Mithrilhemd sagt? Zwerge sind nicht misstrauisch gegenüber einer „Oberschicht“ (sie haben selbst eine, erinnern Sie sich? Der Zwerg mit der Krone vom Anfang des „Hobbits“? Das war der König!) – sie sind misstrauisch gegenüber den Elben, die dafür gesorgt haben, dass ihnen ihr Zuhause unterm Hintern wegbrennt!
Wissen Sie, was ich glaube, Herr Suchsland? Sie hätten so gern, dass die Zwerge das Proletariat sind, dass Sie schlichtweg behaupten, Zwerge seien ungewaschen und altmodisch, egal, ob das stimmt oder nicht. Wem muss man hier also Klassendenken und Propaganda vorwerfen?
Und zwischen alledem der Hobbit Bilbo, ein Händler zwischen all den Helden, ein Idealtyp des Kleinbürgers, Abkömmling eines Spießer- und Rentner-Volks, der am liebsten zuhause im Garten die Beine hochlegt und Pfeife raucht. Wenn das stimmt, wer sind dann die Bösen? Das Bürgertum, die modernen Ehrgeizlinge, die die Welt verändern, verflüssigen wollen, die nicht wissen, wo ihr Platz ist, die, die was anderes sein wollen? Heimatlose Intellektuelle? Ausländer? Juden? Hm.
Da wiegt man sich drei Absätze lang in Sicherheit und dann kommt ganz geschickt wieder ein unterschwelliger Hinweis auf die Nazis daher – fast so unauffällig wie eine Warghorde auf den Ebenen von Rohan, Herr Suchsland! Auf ihre Frage gibt es im Übrigen eine ganz einfache Antwort: der Drache Smaug ist der Bösewicht! Donnerwetter. Wer hätte das gedacht? Und der ist, meines Wissens nach, eher ein Freund des Goldes und somit Kapitalist. Müsste Ihnen das nicht gefallen, Herr Suchsland?
"Zwergisch. Bubihaft. Man bleibt freiwillig unter seinen Möglichkeiten"
Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn "Der Hobbit" ist auch die sehr Hollywood-typische uramerikanische Feier eines braven Bürgers, der mutig gegen die Macht kämpft. Nicht anders als einst bei Frank Capra der von James Stewart gespielte "Mr. Smith" gen Washington zog, so kämpft Bilbo gegen die Orks. "Stop: I forgot my handkerchief." - "You have to learn to manage without handkerchief and a lot of other things."
Ich lehne mich jetzt mal gaaaaaanz weit aus dem Fenster und behaupte, dass der Kampf des “kleinen Mannes gegen die Macht” keine ureigenst amerikanische Tradition ist - darf ich das Märchen des gestiefelten Katers anführen? Der Underdog wird zum Helden. Tadaaa!
Hobbits sind Spießer, die an der Herausforderung wachsen, die durch sie größer werden, als sie sind. Wie die Amerikaner 1941 könnte man sagen. Also nicht unsympathisch, wenn auch etwas langweilig und alles in allem ob fragwürdiger Werte mit Vorsicht zu genießen.
Dass Tolkien eine "rückwärtsgewandte Utopie" (Friedrich Schlegel) entworfen hat, eine neue, antimoderne Mythologie, die wie Richard Wagners "Der Ring des Nibelungen" an die romantische Idee einer "Neuen Mythologie" anknüpfte, an den Versuch, einen kollektiven Glauben durch künstliche Ideenbilder ahistorisch herzustellen - geschenkt.
Was genau schenken Sie mir hier? Die genaue Erklärung dafür, warum Bilbo als Heldenfigur so ist, wie er ist? Die Quelle des Zitats (erneut?) Erklären Sie sich gefälligst!
Aber die eine Frage müssen Fans sich stellen: Ist es nicht ein Widerspruch, dass ausgerechnet der Verächter des Massenzeitalters durch seinen Propheten Jackson zum Schöpfer eines der finanziell und ideologisch erfolgreichsten Produkte der Kulturindustrie wird?
Wie "Der Herr der Ringe" entspricht auch "Der Hobbit" der historistischen Gegenwartsstimmung im Westen. In einer Gesellschaft, die zunehmend depressiv wird und sich neue Religiositäten verschiedenster Art herbeisehnt, befriedigt er die Sehnsucht nach einer runden, nichtfragmentierten Welt, nach einer guten Unfreiheit, in der alles seine seinsgeschichtliche Bestimmung hat. Apokalypse vielleicht - aber bitte mit Happy End. Zugleich tut das Werk dies in massenkonsumtauglicher, mehrheitskonformer Weise. Was Oswald Spenglers "Der Untergang des Abendlandes" für die deutsche Gesellschaft in den Jahrzehnten nach 1918 war, das ist Tolkien für den Westen in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts: Ein Majority-Report des Bewusstseins und Eskapismus in eine bessere Vergangenheit.
GESCHENKT! DER NÄCHSTE ABSATZ MACHT MICH ZU WÜTEND, UM AUF DIESE ALBERNHEIT EINZUGEHEN (kommt bei Gelegenheit)
Auf den Vorwurf der Realitätsflucht antworten Hippies gern mit dem Tolkien-Spruch: "Die Einzigen, die etwas gegen Eskapismus haben, sind Gefängniswärter." Aber hier muss man dann noch einmal FAS-Autor Tobias Rüther zitieren, der keineswegs etwas gegen jeden Eskapismus hat, nur gegen bestimmte seiner Formen:
Und hier muss ich noch einmal mich selbst zitieren: kommen Sie endlich von Ihrem hohen Ross oder meinetwegen auch Fahrrad herunter. Sie haben nicht zu richten über das, was anderen Freude bereitet – wer sich gern als Zwerg in seiner Freizeit sieht: bitteschön. Warum auch nicht? Im Gegensatz zu Ihnen nämlich, Herr Suchsland, verurteilt Thorin Eichenschild seine Kumpanen nicht, wenn sie „nur“ Kesselflicker und Spielzeugmacher sind und damit auch – aus zwergischer Sicht – unter ihren Möglichkeiten bleiben! Und potentielle Fans einer Sache zu beleidigen wirkt ebenfalls sehr… bubihaft. Ein zorniger, trotziger Junge eben, der es nicht leiden kann, wenn andere Spaß haben. Wer verschenkt hier nun sein Potential?
Insofern hat der Zuschauer so oder so etwas zum Nachdenken und wird leidlich gut unterhalten - wenn man sich nicht daran stört, dass die Handlung schon sehr breitgetreten und langatmig ist.
Eines allerdings bleibt auch lange nach diesem Film völlig unverständlich: Wieso ein Kinowerk, dessen Oberschurke der Horrorfilmfigur Leatherface abgekupfert ist, in dem immer wieder abgeschlagene Köpfe rollen, Glieder verstümmelt werden, brutale Monster mit Albtraumgesichtern zu Hunderten noch brutaler abgeschlachtet werden, eigentlich unbedingt ab 12 Jahren freigegeben werden muss. Ach so... ja stimmt, ist ja alles bloße Fantasie und "nur Unterhaltung". Na dann...
Endlich ein Kritikpunkt, den ich nachvollziehen kann. Wie schön, dass wir uns wenigstens im letzten Absatz auf Augenhöhe begegnen, auch wenn ich mich dafür sehr tief runterbeugen musste, Herr Suchsland – leider tut mir jetzt so sehr der Rücken und vor allem der Kopf weh, dass Sie sich Ihren Keks dafür selbst nehmen müssen. Falls Sie die Dose mit der Aufschrift „konstruktive Kritik“ finden können, denn die scheinen Sie in Ihrem Leben ja noch nicht gesehen zu haben, Eure Arroganz.
Maaaaan, Freunde, das hat Spaß gemacht. Zum Ende hin wurde es mir etwas zu langatmig, was der gute Herr da von sich gab.
Ich betone noch einmal: ich rege mich nicht über diesen armen Irren auf, denn dafür er ist viel zu lustig in seinen wilden Anschuldigungen.
Was mich jedoch aufregt und mich dazu verleitet hat, mir dieses Stück Schund vorzuknöpfen, war die bodenlose Frechheit, die dieser Knilch an den Tag legt, indem er behauptet, dass, wer Hobbits und Zwergen und Elben gerne zusieht und sich in ihre Rollen hineinträumt, sei ein Einfaltspinsel. Es ist immer wieder das Gleiche und es ist so zauberhaft zu sehen, dass sich nicht nur vierzehnjährige Mädchen sondern auch volljährige Männer im Internet nicht an die einfachsten Regeln halten können: don’t tag your hate. Oder, für die Bambi-Liebhaber: Wenn man nichts Nettes/Konstruktives zu sagen hat, einfach mal die Fresse halten!
In diesem Sinne, bis zum nächsten Rant! =D
(Stellt euch bitte vor, wie ich mit leuchtenden Augen davor hocke und jedes bisschen Gift und Galle, die dieser Artikel in rauen Mengen spuckt, wie Balsam für meine Seele wirkt… es ist zu köstlich…xDDD)
Da ich die eine Hälfte des Internets nun wieder aufstöhnen höre, dass es doch völlig sinnlos ist, sich auf langwierige Diskussionen mit Trollen einzulassen, vor allem solchen, die absichtlich mit Nazipolemik und Tatsachenverfälschung um sich werfen – ihr habt natürlich völlig Recht.
Aber ich schimpfe nun mal so überaus gern, cholerische Anfälle als Hobby werden meiner Meinung nach immer noch völlig unterschätzt und überhaupt gehört Suchsland der Kopf gewaschen.
Und wie sagte schon John Barrowman: „If we cannot achieve equality in an Internet poll about fictional characters, the real world is pretty much screwed.” ; )
Mittelerde in den Grenzen von 1937
Rüdiger Suchsland 11.12.2012
Antimodernismus mit zwergischem Antlitz: Peter Jacksons "Der Hobbit" zeigt Heimatvertriebene auf patriotischer Mission im Osten
Da hat man noch nicht mal die Überschrift und den Untertitel geschafft und schon muss man sich kurz die Augen reiben: aber nein, sie steht wirklich da, die verkorkste Anspielung auf die Nazizeit, die– das muss man Suchsland lassen – auf teuflisch geschickte Art und Weise verwoben ist, mit dem Erscheinungsjahr des „Hobbits“ in England. Suchsland tut uns einen Gefallen, und macht gleich in der allerersten Zeile klar, aus welcher Richtung seine Kritik auf Tolkiens Werk hageln wird: aus der schummrig braunen Naziecke, in die sich noch nie ein anderer Tolkienkritiker gewagt hat, wie Ihnen, Herrn Suchsland bei Ihren umfangreichen Recherchen mit Sicherheit aufgefallen sein dürfte… nicht? Na, stimmt schon, googlen ist hart.
Wir haben es schon immer geahnt: Peter Jackson ist selbst ein Hobbit. Wenn er in Neuseeland dreht, bewegt er sich nämlich ausschließlich barfuß, so heißt es jedenfalls. Aber vielleicht muss man solche Aussagen und überhaupt das alles nicht so ernst nehmen. Nur ist es halt eben so, dass Jackson selbst sich und den Tolkien-Kosmos ungemein ernst nimmt, dass er nun in "Der Hobbit" an alles herangeht wie ein sehr eigenwilliger Philologe. Wie kann man so einen Unsinn so ernst nehmen? Wie kann man Fantasy zum Mittelpunkt des Lebens werden lassen?
Falls ihr euch wundert, nein, wir sind immer noch nicht am Anfang des Artikels angelangt, denn der Einleitungsabsatz hält einiges an wahren Augenöffnern bereit – meistens dahingehend, dass Herr Suchsland sich gern selbst in Knie schießt: „Wie kann man so einen Unsinn ernst nehmen?“, fragt er allen Ernstes und macht damit schon klar, dass er überhaupt keine Lust hat auf eine differenzierte, kritische Auslegung zum Oeuvre Tolkiens (wobei das durchaus nützlich und interessant sein kann: bitte bis #1 runterscrollen) sondern schlichtweg kundtun möchte, dass er keinerlei Verständnis für Menschen hat, die gern Geschichten über Zwergen und Drachen und Elben lesen.
Da muss man ihn aber auch einfach mal tröstend in den Arm nehmen, den Herrn Suchsland. Da bilden es sich doch tatsächlich ein paar dahergelaufene Dummköpfe ein, sie könnten etwas genießen und sich an etwas erfreuen, dass ihm, dem Herrn Suchsland, nicht in den Kram passt. Also wirklich! Nehmt doch mal ein wenig Rücksicht!
Wie kommt, um mal Tobias Rüthers großartigen FAS-Text zu zitieren, eine Gesellschaft, in der "es Politikern offenbar nicht gestattet ist, mit Sandalen in Talkshows zu sitzen (wie Johannes Ponader von der Piraten-Partei es bei Jauch tat)", dazu, "fasziniert auf die behaarten nackten Füße von Bilbo Beutlin" zu starren?
Ich weiß nicht, inwieweit Sie, Herr Suchsland, sich mit der Völkerkunde Mittelerdes auseinandergesetzt haben – ich nehme an, gar nicht – aber Hobbits tragen keine Schuhe. Es gibt keine Schuhmacher im Auenland. Es bleibt einem also nicht viel anderes übrig, als einen Blick auf Bilbos Füße zu werfen, wenn man ihn in einer Ganzkörperaufnahme sieht (von starren kann da übrigens auch keine Rede sein, Herr Suchsland, so lange hält die Kamera nicht auf die Gummiüberschuhe) – und seltsamerweise verliert kein einziger der Zwerge oder Zauberer oder Elben ein Wort über Bilbos Blöße. Könnte einem zu denken geben, nicht wahr? Aber nein, Sie stellen natürlich lieber die Frage nach Herr Ponanders zweifelhafter Schuhwahl.
Was ist mit einer Kultur und ihrer Gesellschaft los, in der Menschen sich als Hobbits verkleiden, als Elben, als Zauberer und als Zwerge? Nein, "Der Hobbit" gibt darauf natürlich keine Antwort. Aber die Frage ist trotzdem berechtigt.
Ich dachte eigentlich, dass spätestens seit 2011, als RTL mit seinem Gamescom-Bericht einen denkwürdigen Bock geschossen hat, die Nerd- und damit auch die Cosplay-Kultur, innerhalb derer sich Menschen gern als Hobbits und Orks und Elben verkleiden, salonfähig geworden sei? Aber anscheinend ist das bis zu Ihrem hohen Ross noch nicht durchgedrungen, Herr Suchsland? Solch eine Arroganz wäre Sauron selbst sehr gut zu Gesicht gestanden, aber das nur am Rande.
Im Übrigen, Herr Suchsland, wenn Sie schon Artikel von anderen zitieren: machen Sie sich doch einfach mal die Mühe, wenigstens den Titel desselbigen irgendwo zu erwähnen – Herr Rüthers geistiger Erguss ist kaum zu finden, mit diesen mickrigen Zitaten, und ob Sie es glauben oder nicht, das hat andere schon den Job gekostet! Aber Sie sind natürlich sicher, Herr Suchsland, als über jegliche Manieren erhabener Online-Redakteur.
nbsp; Der Reiz des 'Herrn der Ringe' liegt, glaube ich, zum Teil in den kurzen Ansichten von einer weitläufigen Geschichte im Hintergrund: Ein Reiz, wie wenn man von fern eine noch nie betretene Insel oder die schimmernden Türme einer Stadt in einem sonnigen Dunstschleier erblickt. Dort hinfahren heißt den Zauber zerstören.
J.R.R. Tolkien in einem Brief vom 20. September 1963
J.R.R. Tolkien in einem Brief vom 20. September 1963
Ein zauberhaftes Tolkienzitat, welches leider ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen scheint, denn dann ist ja sowieso alles „Unsinn“, wie wir bereits erfahren durften. Aber das macht nichts, immerhin sind Tolkiens Worte ein kleiner Lichtblick in diesem Artikel – wie alles, was nicht von Suchsland selbst stammt.
Mit Rückblicken und krassen Schlachten geht es los: Ein Zwergenkönig rafft Gold und wird verrückt, als einer seiner Schergen das "Heart of the Mountain" aus dem Berg meißelt, "The King's jewel", einer von mehreren McGuffins des Films.
Das Ding heißt Arkenstein oder Arkenstone. Das Wort wird sogar eingeblendet im Film. Viel einfacher kann die Recherche eigentlich nicht sein. Es gibt allerdings Pluspunkte für die Erwähnung des McGuffins – tvtropes.com kann gar nicht genug traffic bekommen. Minuspunkte gibt es allerdings dafür, dass Sie Ihre Behauptung, dass es sich beim Arkenstein um einen McGuffin handelt leider nicht belegen – wie auch, der zweite Film ist ja auch noch nicht draußen und man kann von Ihnen kaum erwarten, dass Sie einmal die Onlinesuchmaschine bemühen oder – Gott bewahre! – dieses „unsinnige“ Kinderbuch aufschlagen und nachlesen, was es damit auf sich hat.
"When the mind is sick, dark things will follow", hören wir und dann ereignet er sich schon, der 11. September des Zwergenreichs.
Papierdrachen werden zu Feuerbällen, die Elben stöhnen "Non" zur Frage "mourier pour Danzig" und ein bleicher Ork köpft den Zwergenkönig, bevor er selbst verstümmelt wird. Barocke Schlachtengemälde ballen sich zu apokalyptischen Bildern, in denen Köpfe rollen und Glieder abgehackt werden. "Elbar was lost."
Meinen Sie vielleicht den Erebor, Herr Suchsland? Elbar gibt es im Tolkien’schen Kanon nämlich nicht. Selbstverständlich kann auch einem Journalisten mal ein Fehler unterlaufen und die Recherche nicht ganz so sauber ausgeführt sein, wie man es sich selbst und Karla Kolumna damals geschworen hat – doch da das leider nicht mehr unter Schusselfehler fällt, gibt’s schon wieder Minuspunkte. Reiß dich mal zusammen, Herr Suchsland, um wenigstens das Klassenziel zu erreichen!
Dann sind wir wieder im Bionadeparadies des grünen Auenlands, trennen Müll und putzen die Küche. Amerikanischer Middlewest, John Boy Walton tollt im Garten, ach nein, das ist ja Frodo, der Held aus "Herr der Ringe" und ein 30-sekündiger Cameoauftritt, damit Warner Bros. Eliah Wood dick aufs Plakat schreiben kann. Er ist nämlich nicht der Held dieses neuen Tolkien-Dreiteilers.
Amerikanischer Middlewest, ja. Nur schade, dass die Vorlage aus dem England der 30er Jahre und die Kulisse und der Regisseur aus Neuseeland stammen. Knapp daneben ist leider auch vorbei! Aber da immerhin Elijah Wood aus dem amerikanischen Westen stammt, gibt es einen Trostpreis: Suche Elijah Wood – das große Wimmelbild zum Hobbit
Der Hobbit und die 13 Zwerge
"In a hole in the ground, there lives a Hobbit." Jetzt sind wir auf der ersten und längsten Lachinsel (so der Dramaturgen-Fachausdruck) in diesem mythologemen Drama. Nun singen sie, die Zwerge... Ein kleingewachsener Männerbund, bestehend aus den 13 letzten Vertretern seines Volkes, beschwört eine goldene Vergangenheit, als sie noch herrschten hinter den sieben Bergen, Gold schürften und ihre Welt regierten.
Das war bis zu dem Tag, an dem der böse große Drache kam und ihr Reich zerstörte. Seitdem sind sie Heimatvertriebene, die auf Rache sinnen am Drachen und seinen Helfern, den bösen Orks, und deshalb gen Osten ziehen, um die alte Heimat zurückzuerobern: "Zwergien bleibt unser."
Ist „kleingewachsen“ und „Zwerg“ nicht ein wenig redundant? …
[…] Ich erspare euch den Rest seines Palavers, das hauptsächlich aus einer Zusammenfassung des Inhalts sowie ein paar Hinweisen darauf, dass der Hobbit in 3D und drei Teilen erscheinen wird, besteht.[…]
Wie kann man allen Ernstes einen Dialektcoach für Altenglisch und Altgermanisch am Set beschäftigten und einen weiteren für die Muttersprache der Elben? Das sind so einige der weiterhin ungeklärten Fragen.
Wieso kann man sich voller Hingabe zum Detail einem Projekt widmen, um Fans und solchen, die es werden wollen, die größtmögliche Freude zu bereiten? Welch ein Frevel, dass sich Peter Jackson, der mit seinen Filmen und dem angeschlossenen Merchandise Millionen verdient, dem Kinogänger nicht nur den letzten hingerotzten Scheiß vor die Nase knallt, wie sich das für diese ganzen kapitalistischen Schweine gehört! (The Dark Knight Rises, anyone? Miserables Drehbuch und trotzdem bewirft man Nolan noch nicht öffentlich mit Bananen…) Ja, Herr Suchsland, Sie haben völlig Recht, solch ein Unfug, den Sie da reden…
Ach, und wo wir gerade bei ungeklärten Fragen sind, da hätte ich auch noch ein paar für Sie:
Wie kann man 1,7 Milliarden Euro Umsatz mit Tickets in der Ersten Bundesliga machen? Wieso kann man Til Schweiger immer noch nicht das Filmemachen verbieten? Weshalb dürfen Salafisten und Pro-NRWler auf Polizisten einstechen, unterm Deckmantel der Meinungsfreiheit?
Was sagen Sie, Herr Suchsland? Die seien ja viel zu weit hergeholt, diese Vergleiche? Ja, da haben Sie Recht. Fast so, als würde man das Kinderbuch „Der Hobbit“ mit Nazideutschland in Verbindung bringen….
Jackson hat das Buch auch verändert. Er lässt Figuren aus "Herr der Ringe" auftreten, die im "Hobbit" nichts zu suchen haben: den bösen Zauberer Saruman (Christopher Lee) und die Elbenfürstin Galadriel (Cate Blanchett); er nimmt auch den bleichen Ork Azog, der bei Tolkien zum Zeitpunkt der Hobbit-Handlung bereits tot ist und macht ihn zum Zwergenvernichter.
Jetzt mal ehrlich, Herr Suchsland: nach solche Details, wie dem Todesjahr Azogs können Sie googlen, aber um herauszufinden, wie der Arkenstein heißt, reicht dann wieder das Budget nicht? Oder ist das etwa ein geschickter, polemischer Schachzug, namentlich der der einseitigen Faktenauswahl, den Sie da anwenden, um sich den Anschein zu geben, als seien Sie bewandert in Mittelerd’scher Geschichte und Ihr Wort müsse demnach etwas gelten? Hut ab, das war kaum offensichtlicher als das finstere Lachen von Gargamel in der Mitte jeder Folge der Schlümpfe.
Das bisher beliebteste Argument des bibeltreuen Teils unter den Tolkien-Fans zur Verteidigung von Messias Jackson - "so steht es im Buch geschrieben" - zählt nun in diesem Film also nicht mehr. So steht es nämlich auf keinen Fall geschrieben.
Ach kommen Sie schon, Herr Suchsland, Sie geben sich ja nicht mal mehr Mühe…
Mittlerer Abschnitt, zur Timeline von Bilbo
Zeitangaben zur Zusammenkunft des Weißen Rats
So steht es also schon geschrieben. Vielleicht nicht unbedingt im Hobbit, aber auch beim Film „Die zehn Gebote“ hat sich DeMille einige Freiheiten genommen, und der beruhte ja nun wirklich auf der Bibel.
Davon einmal abgesehen scheinen Sie sich nicht so ganz darüber klar zu sein, was Sie nun eigentlich kritisieren wollen? Das sklavische ans-Buch-halten, dessen Sie Jackson bezichtigen? Oder dass er das gerade nicht gemacht hat, weil er eben Sachen dazu erfunden hat? JA, WAS DENN NUN?
Wetten, dass der Tolkien-Fundamentalismus jetzt argumentativ schnell auf die Ebene zweiter Ordnung zurückgreifen wird, um seinem Meister ja kein Haar krümmen zu lassen: So steht es zwar nicht geschrieben, aber Jackson hat den Geist der Vorlage verstanden. Er hat Tolkien vervollkommnet, ja verbessert. Sekten funktionieren so. Und der Tolkinismus ist eine Sekte; Tolkien ist ihr Gott und Peter Jackson ist sein Prophet.
Die Idee mit dem Tolkinismus ist gar keine sonderlich schlechte – nur über die Verbesserungen, die Jackson am Herrn der Ringe oder sonstwo vorgenommen hat, sollten wir noch einmal intensiver diskutieren, denn nicht alles, was Gold ist glänzt, und nicht überall sind die Leute solch glühende Anhänger der Filmadaptionen, wie es anscheinend in Ihrem Umfeld der Fall ist, Herr Suchsland. Denn gerade den Fundamentalisten wird zum Beispiel die Erwähnung Azogs sauer aufstoßen, meinen Sie nicht?
Er droht damit endgültig in die Fußstapfen anderer größenwahnsinniger Unsympathen zu treten: George Lucas, Steve Jobs und James Cameron. Wetten, dass Jackson irgendwann, wenn auch die letzte Nachlasszeile von J.R.R. Tolkien in einen Dreiteiler verwandelt wurde, selbst Hand anlegen und den Mittelerde-Kosmos mit seiner inneren Matrix auf der Zeitleiste nach vorn und hinten fortschreiben wird? Das er uns eines Tages mit "Gollum - A Trilogy" beglücken wird?
Mal davon abgesehen, dass sich diese Aufzählung wie etwas anhört, was in die Kategorie „Eins dieser Dinge ist nicht wie die anderen“ passen würde – Ihre Schwarzmalerei würde den Superpessimisten Humri Schiggsal beeindrucken! (aus Walter Moers‘ „Esel und Krete“: „An der Universität von Gralsund wurde noch vor einigen Jahren der sog. Hoffnungsfreie Superpessimismus gelehrt, den der von den nördlichen Nattifftoffen stammende Meisterpessimist Humri Schiggsall entwickelt hatte. Schiggsall hatte die Aussichtslosigkeit des Daseins gern anhand eines bis zum Rand gefüllten Wasserglases demonstriert: „Obwohl das Glas nun voll ist, wird es leer sein, wenn ich es ausgetrunken habe. Das bestürzt mich. Wenn ich es nicht austrinke, wird die Flüssigkeit verdunsten. Das bestürzt mich noch mehr.“ Eines Tages hatte einer seiner Schüler eingeworfen:“ Aber jetzt ist das Glas voll. Warum geniesen wir nicht einfach den Augenblick?“ „Weil ich Durst habe!“ hatte Schiggsall gerufen, das Glas ausgetrunken und seinem Schüler an den Kopf geworfen, der danach mit sieben Stichen genäht werden musste. Denken sie mal drüber nach!“) Wie wäre es, wenn wir uns alle wieder eine Runde beruhigen und uns an die Fakten halten? Nämlich, dass Peter Jackson bisher vier sehr erfolgreiche Filme im Tolkienuniversum gemacht hat – und in keinem davon Jar Jar Binks auftauchte oder ein Iphone oder Leonardo DiCaprio.
[…] Auch hier mache ich wieder einen Cut, denn Herr Suchsland gibt nur das wieder, was alle schon gesagt haben: 3D ist schlierig bei schnelleren Bildern, auch wenn 48fps einiges wett macht. Was soll man dazu sagen? Wem’s gefällt, der schaut es sich in der Version an, alle anderen dackeln in die 2D-Version und alle sind zufrieden. Wenn er jetzt natürlich die völlig überzogene Werbeaktion, die hinter der ganzen 48fps-Technik stand, kritisiert hätte, dann hätte er sogar Pluspunkte sammeln können. Doch leider wird der einzige rechtmäßige Kritikpunkt interessanterweise völlig außer Acht gelassen. Alle Achtung! Soviel Inkonsequenz verdient Respekt!
Abgesehen von der Technik wirkt vieles wie klassisches Hollywood-Studiokino: Ein Mix aus Unterhaltung und Spannung, aus Witz und Ernst, handwerklich perfekt gemachtes Rezept-Kino aus der Retorte der Besten ihres jeweiligen Fachs. Erzählt wird aus dem Rückblick des alten Bilbo, deswegen wissen wir Zuschauer auch schon, dass es für ihn gut ausgehen wird.
Auch sonst ist nichts wirklich überraschend oder unvorhersehbar. Am Ende vieler Abenteuer steht eine Art zwischenzeitliches Happy-End und ein Cliffhanger: Das Böse in Form des Drachen schlägt die Augen auf, und wir ahnen: Im zweiten Teil werden die Gefahren gefährlicher, die Spannung spannender und die Helden heldenhafter sein.
Einmal mehr hat Peter Jackson also einen Film gemacht, der sich zu Tolkien verhält wie der Schüler zum Meister: Achtsam, ehrend, unkritisch. Jackson macht aus "Der Hobbit" jetzt den vierten bis sechsten Teil von "Herr der Ringe", er macht aus sich selbst George Lucas, wird Gefangener seines Stoffes. Nur er kann Tolkien verfilmen, wie gesagt, er ist Tolkiens Prophet, deshalb musste er Guillermo del Toro wieder rausschmeißen, denn dieser viel bessere Regisseur hätte ihm womöglich die Deutungshoheit über den Hobbitismus streitig gemacht oder gar, aus selber Sicht jedenfalls, Tolkien einfach versaut.
Hobbitismus, Tolkinismus, Faschingnismus… entscheiden Sie sich doch langsam mal, Herr Suchsland, Sie treiben es ja immer doller hier mit Ihren Neologismen.
Und zu del Toro… lassen Sie es mich so ausdrücken http://www.youtube.com/watch?v=WrjwaqZfjIY
Und es wäre solch ein Leichtes gewesen, die ordentliche Erklärung zu googlen. Wirklich, Herr Suchsland. Wenn der Spiegel besser recherchiert als Sie, dann sollten Sie sich was schämen!
Händler und Helden: Zur Klassenlage in Mittelerde
Man kann natürlich, wie es bereits geschehen ist, dieser Geschichte und damit Tolkien wie Jackson vorwerfen, dass sie den Konflikt von Gut und Böse als Differenz äußerer Schönheit und Hässlichkeit erzählt und damit implizit rassistisch ist. Man kann feststellen, dass Bücher wie Filme geistesaristokratische Werte predigen, von Führertum und Ehre geschwafelt wird, dass sie reaktionäre Wunschmaschinen sind, die auf die niedrigen Instinkte ihres Publikums setzen, es manipulieren und ruhig stellen, es der Realität ihres Daseins entführen.
Aha, jetzt kommen wir der Sache doch schon ein wenig näher. Sie bringen da ein paar sehr interessante Kritikpunkte an, etwa den impliziten Rassismus des Herrn der Ringe (eben weil hässlich gegen schön steht) – werden Sie das ausführen? Werden Sie darauf eingehen, dass man Tolkien daraus keinen Strick drehen kann, weil sein Werk in den 1930ern bis 1950ern entstand, wo der Kampf gegen Rassismus und für die Menschenrechte der schwarzen Bevölkerung noch in den Kinderschuhen steckte (um ein recht plakatives Beispiel für mehr Diversität unter den Protagonisten zu bringen).
Werden Sie also zu der Erkenntnis gelangen, dass man höchstens Jacksons Adaption einen gewissen Rassismus vorwerfen kann?
Man muss wohl auch in dieser Ansammlung von Stämmen und Völkern als Metapher auf eine Klassengesellschaft lesen:
Anscheinend nicht. Sie machen daraus lieber eine völlig krude und nicht nachvollziehbare Allegorie auf modernes Klassendenken, welches sich Tolkien selbst im Vorwort zum „Herrn der Ringe“ verbeten hat. Großartige Leistung.
In dieser sind die Zwerge sehr eindeutig das Proletariat: ungewaschen, schlicht, mit dicken Fingern, und primitiven, aber ehrlichen Manieren, dabei voller Stolz auf ihr Handwerk, ihre Kriegerfähigkeiten, mit eigenen, eher altmodischen Ehrbegriffen, voller Misstrauen gegen jede Oberklasse. Die Elben sind ihr Gegensatz: eine dekadente, blasse Oberrklasse, ein Adel aus verschlafenen, müden Blondinen, feingeistige Glam-Rock-Ritter, die vegetarisch speisen, sich die Zeit durch Flötenspiel vertreiben und Schwarz-Grün wählen
Auch wenn mich die Vorstellung von Glam-Rock-Elben reizt: woraus genau schließen Sie, Herr Suchsland, dass die Zwerge primitiv sind? Aus ihrer langen Tradition an Königshäusern und prächtigen Reichen (Moria, Erebor, die Eisenberge)? Aus ihrem Kunsthandwerk, welches teilweise mehr wert ist, als „das ganze Auenland“, wie Gandalf so treffend über Bilbos Mithrilhemd sagt? Zwerge sind nicht misstrauisch gegenüber einer „Oberschicht“ (sie haben selbst eine, erinnern Sie sich? Der Zwerg mit der Krone vom Anfang des „Hobbits“? Das war der König!) – sie sind misstrauisch gegenüber den Elben, die dafür gesorgt haben, dass ihnen ihr Zuhause unterm Hintern wegbrennt!
Wissen Sie, was ich glaube, Herr Suchsland? Sie hätten so gern, dass die Zwerge das Proletariat sind, dass Sie schlichtweg behaupten, Zwerge seien ungewaschen und altmodisch, egal, ob das stimmt oder nicht. Wem muss man hier also Klassendenken und Propaganda vorwerfen?
Und zwischen alledem der Hobbit Bilbo, ein Händler zwischen all den Helden, ein Idealtyp des Kleinbürgers, Abkömmling eines Spießer- und Rentner-Volks, der am liebsten zuhause im Garten die Beine hochlegt und Pfeife raucht. Wenn das stimmt, wer sind dann die Bösen? Das Bürgertum, die modernen Ehrgeizlinge, die die Welt verändern, verflüssigen wollen, die nicht wissen, wo ihr Platz ist, die, die was anderes sein wollen? Heimatlose Intellektuelle? Ausländer? Juden? Hm.
Da wiegt man sich drei Absätze lang in Sicherheit und dann kommt ganz geschickt wieder ein unterschwelliger Hinweis auf die Nazis daher – fast so unauffällig wie eine Warghorde auf den Ebenen von Rohan, Herr Suchsland! Auf ihre Frage gibt es im Übrigen eine ganz einfache Antwort: der Drache Smaug ist der Bösewicht! Donnerwetter. Wer hätte das gedacht? Und der ist, meines Wissens nach, eher ein Freund des Goldes und somit Kapitalist. Müsste Ihnen das nicht gefallen, Herr Suchsland?
"Zwergisch. Bubihaft. Man bleibt freiwillig unter seinen Möglichkeiten"
Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn "Der Hobbit" ist auch die sehr Hollywood-typische uramerikanische Feier eines braven Bürgers, der mutig gegen die Macht kämpft. Nicht anders als einst bei Frank Capra der von James Stewart gespielte "Mr. Smith" gen Washington zog, so kämpft Bilbo gegen die Orks. "Stop: I forgot my handkerchief." - "You have to learn to manage without handkerchief and a lot of other things."
Ich lehne mich jetzt mal gaaaaaanz weit aus dem Fenster und behaupte, dass der Kampf des “kleinen Mannes gegen die Macht” keine ureigenst amerikanische Tradition ist - darf ich das Märchen des gestiefelten Katers anführen? Der Underdog wird zum Helden. Tadaaa!
Hobbits sind Spießer, die an der Herausforderung wachsen, die durch sie größer werden, als sie sind. Wie die Amerikaner 1941 könnte man sagen. Also nicht unsympathisch, wenn auch etwas langweilig und alles in allem ob fragwürdiger Werte mit Vorsicht zu genießen.
Dass Tolkien eine "rückwärtsgewandte Utopie" (Friedrich Schlegel) entworfen hat, eine neue, antimoderne Mythologie, die wie Richard Wagners "Der Ring des Nibelungen" an die romantische Idee einer "Neuen Mythologie" anknüpfte, an den Versuch, einen kollektiven Glauben durch künstliche Ideenbilder ahistorisch herzustellen - geschenkt.
Was genau schenken Sie mir hier? Die genaue Erklärung dafür, warum Bilbo als Heldenfigur so ist, wie er ist? Die Quelle des Zitats (erneut?) Erklären Sie sich gefälligst!
Aber die eine Frage müssen Fans sich stellen: Ist es nicht ein Widerspruch, dass ausgerechnet der Verächter des Massenzeitalters durch seinen Propheten Jackson zum Schöpfer eines der finanziell und ideologisch erfolgreichsten Produkte der Kulturindustrie wird?
Wie "Der Herr der Ringe" entspricht auch "Der Hobbit" der historistischen Gegenwartsstimmung im Westen. In einer Gesellschaft, die zunehmend depressiv wird und sich neue Religiositäten verschiedenster Art herbeisehnt, befriedigt er die Sehnsucht nach einer runden, nichtfragmentierten Welt, nach einer guten Unfreiheit, in der alles seine seinsgeschichtliche Bestimmung hat. Apokalypse vielleicht - aber bitte mit Happy End. Zugleich tut das Werk dies in massenkonsumtauglicher, mehrheitskonformer Weise. Was Oswald Spenglers "Der Untergang des Abendlandes" für die deutsche Gesellschaft in den Jahrzehnten nach 1918 war, das ist Tolkien für den Westen in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts: Ein Majority-Report des Bewusstseins und Eskapismus in eine bessere Vergangenheit.
GESCHENKT! DER NÄCHSTE ABSATZ MACHT MICH ZU WÜTEND, UM AUF DIESE ALBERNHEIT EINZUGEHEN (kommt bei Gelegenheit)
Auf den Vorwurf der Realitätsflucht antworten Hippies gern mit dem Tolkien-Spruch: "Die Einzigen, die etwas gegen Eskapismus haben, sind Gefängniswärter." Aber hier muss man dann noch einmal FAS-Autor Tobias Rüther zitieren, der keineswegs etwas gegen jeden Eskapismus hat, nur gegen bestimmte seiner Formen:
nbsp; Der Wunsch, sich aus der Gegenwart immer mal wieder in eine andere Zeitrechnung einzuschleusen, als Entlastung, ist zutiefst menschlich. Sich aber mit Zwergen zu identifizieren, ist, nun ja, zwergisch. Bubihaft. Wie Fahrradfahren auf dem Bürgersteig. Man bleibt freiwillig unter seinen Möglichkeiten. Dabei muss sich das aber gar nicht ausschließen, Eskapismus und ein Möglichkeitssinn, der sich mit den avanciertesten Mitteln auf die Suche nach paralleler Realität macht.
Und hier muss ich noch einmal mich selbst zitieren: kommen Sie endlich von Ihrem hohen Ross oder meinetwegen auch Fahrrad herunter. Sie haben nicht zu richten über das, was anderen Freude bereitet – wer sich gern als Zwerg in seiner Freizeit sieht: bitteschön. Warum auch nicht? Im Gegensatz zu Ihnen nämlich, Herr Suchsland, verurteilt Thorin Eichenschild seine Kumpanen nicht, wenn sie „nur“ Kesselflicker und Spielzeugmacher sind und damit auch – aus zwergischer Sicht – unter ihren Möglichkeiten bleiben! Und potentielle Fans einer Sache zu beleidigen wirkt ebenfalls sehr… bubihaft. Ein zorniger, trotziger Junge eben, der es nicht leiden kann, wenn andere Spaß haben. Wer verschenkt hier nun sein Potential?
Insofern hat der Zuschauer so oder so etwas zum Nachdenken und wird leidlich gut unterhalten - wenn man sich nicht daran stört, dass die Handlung schon sehr breitgetreten und langatmig ist.
Eines allerdings bleibt auch lange nach diesem Film völlig unverständlich: Wieso ein Kinowerk, dessen Oberschurke der Horrorfilmfigur Leatherface abgekupfert ist, in dem immer wieder abgeschlagene Köpfe rollen, Glieder verstümmelt werden, brutale Monster mit Albtraumgesichtern zu Hunderten noch brutaler abgeschlachtet werden, eigentlich unbedingt ab 12 Jahren freigegeben werden muss. Ach so... ja stimmt, ist ja alles bloße Fantasie und "nur Unterhaltung". Na dann...
Endlich ein Kritikpunkt, den ich nachvollziehen kann. Wie schön, dass wir uns wenigstens im letzten Absatz auf Augenhöhe begegnen, auch wenn ich mich dafür sehr tief runterbeugen musste, Herr Suchsland – leider tut mir jetzt so sehr der Rücken und vor allem der Kopf weh, dass Sie sich Ihren Keks dafür selbst nehmen müssen. Falls Sie die Dose mit der Aufschrift „konstruktive Kritik“ finden können, denn die scheinen Sie in Ihrem Leben ja noch nicht gesehen zu haben, Eure Arroganz.
Maaaaan, Freunde, das hat Spaß gemacht. Zum Ende hin wurde es mir etwas zu langatmig, was der gute Herr da von sich gab.
Ich betone noch einmal: ich rege mich nicht über diesen armen Irren auf, denn dafür er ist viel zu lustig in seinen wilden Anschuldigungen.
Was mich jedoch aufregt und mich dazu verleitet hat, mir dieses Stück Schund vorzuknöpfen, war die bodenlose Frechheit, die dieser Knilch an den Tag legt, indem er behauptet, dass, wer Hobbits und Zwergen und Elben gerne zusieht und sich in ihre Rollen hineinträumt, sei ein Einfaltspinsel. Es ist immer wieder das Gleiche und es ist so zauberhaft zu sehen, dass sich nicht nur vierzehnjährige Mädchen sondern auch volljährige Männer im Internet nicht an die einfachsten Regeln halten können: don’t tag your hate. Oder, für die Bambi-Liebhaber: Wenn man nichts Nettes/Konstruktives zu sagen hat, einfach mal die Fresse halten!
In diesem Sinne, bis zum nächsten Rant! =D
no subject
Date: 2013-01-08 09:27 am (UTC)Ich liebe dich <3 Und jetzt bewerfe ich Nolan mit Bananen, verbiete Til Schweiger das Filmemachen und texte Bilbo auf sein Iphone, dass Leonardo DiCaprio gerne seine haarigen Füße wiederhaben will.
no subject
Date: 2013-01-08 11:23 am (UTC)UND YES PLZ VOR ALLEM ZU NOLAN UND SCHWEIGER XD
no subject
Date: 2013-01-08 10:26 am (UTC)Du hast quasi:
no subject
Date: 2013-01-08 11:22 am (UTC)WOHER IST DAS MIT TOM HARDY?!!??! WARUM KENN ICH DAS NICHT?? XD
und ahhhhh gott ja, der Rant tat gut. XD
no subject
Date: 2013-01-08 11:40 am (UTC)Das zweite? Das müsste The Take sein. Ich habs auch nicht gesehen ich habs nur beim tumblr-stalking von Shaun Evans gefunden (der andere Mensch da) XD
Ranting wird total unterbewertet. Es macht so viel Spaß. Und ist so befriedigend.
no subject
Date: 2013-01-09 05:43 pm (UTC)Ausgezeichneter Rant! XD Dieses Gequatsche von obenherab, dass sich noch dazu aus irgendwelchen Halbwahrheiten zusammensetzt, weil die Realität nicht so schön in die gewünschte Rhetorik passt ... meine Güte, da geht dir zurecht der Hut hoch!
Wie kann man sich ernsthaft heutzutage noch darüber beschweren, dass einige Leute ein geekiges Hobby haben? Da müssten doch jedem mindestens 10 Dinge einfallen, an denen die Gesellschaft eher zugrunde geht. :p
no subject
Date: 2013-01-09 07:07 pm (UTC)Es tut mir fast Leid, dass einer meiner ersten Einträge in unserer noch so jungen LJ-Bekanntschaft aus Gemoser besteht, aber ich freu mich natürlich, dass du Spaß an dem Rant hattest! =D
Wie kann man sich ernsthaft heutzutage noch darüber beschweren, dass einige Leute ein geekiges Hobby haben?
Das ist auch etwas, was ich niemals begreifen werde. Das Motto "Leben und leben lassen" scheint ganz häufig unter den Tisch zu fallen, vor allem in Internetdebatten...;DD
no subject
Date: 2013-01-09 07:51 pm (UTC)Aber ich mag Gemoser ... ich mag doch sogar
Das einzige Argument, dass ich da immer höre ist "die jungen Leute von heute interessieren sich nur noch für ihre Elfen und Zwerge, und gar nicht mehr für Politik, und die Rente reicht schon nicht mehr und dann werden die Piraten gewählt und es geht unsere schöne Gesellschaft zu Grunde".
:P Diese Kritiker sind doch also nur besorgt um unsere liebe Zukunft. XD
edit: html-fail D:
no subject
Date: 2013-01-10 11:14 am (UTC)Aber gut. Bevor ich mich von meinen Zwergen und Drachen lossage, muss was Schlimmeres passieren, als der Einzug der Piraten in den Bundestag. XD